Roboterjournalismus: Wie Bots die Redaktionen verändern

Bots verändern derzeit unsere Welt – und bald auch den Journalismus. Was bei manchen Horrorszenarien auslöst und Schweißperlen auf die Stirn treibt, kann auch eine große Chance sein, wie Saim Alkan weiß. Der Geschäftsführer von AX Semantics ist mit seinem Unternehmen Pionier in Sachen Roboterjournalismus. Beim Stuttgarter Medienkongress nahm er uns mit in die Welt von strukturierten Daten und automatisierten Texten.

In gleich 24 Sprachen kann seine Software binnen Sekunden automatisiert Inhalte erstellen, die keiner mehr von herkömmlichen Texten unterscheiden kann – variiert, stilistisch ansprechend und fachlich korrekt. Auch schwierige grammatikalische Konstruktionen sind kein Problem mehr. Was gerade die Texterstellung für den E-Commerce und die Suchmaschinenoptimierung revolutioniert, kann künftig auch die Arbeit von Journalisten erleichtern. Kritiker fürchten, dass Bots Journalisten ersetzen könnten, sehen das Handwerk des Journalisten in Gefahr. Saim Alkan findet diese Angst allerdings unbegründet – vorausgesetzt die Medienhäuser zeigen sich offen gegenüber Veränderungen und nutzen die Chancen der neuen Technologie.

Wie funktioniert Roboterjournalismus mit Bots?

AX Semantics ermöglicht es, ohne Programmierkenntnisse in einer Art Baukastensystem Texte zu erstellen. Die Software bietet damit die technische Plattform für automatisierte Artikel. Wie diese Texte am Ende aussehen, welche Tonalität sie haben und wie sie aufgebaut sind, bestimmt jedoch noch immer der Redakteur selbst. Er baut das Regelwerk, das den Artikeln zugrunde liegt. Dieses wird dem System einmal beigebracht und danach müssen die entsprechenden Daten nur noch eingespielt werden – durch diesen Prozess leitet die Software ganz selbsterklärend. Gut strukturierte und qualitativ hochwertige Daten, beispielsweise in Form einer Excel-Tabelle, sind dabei die Grundlage von guten Bot-Texten. Für immer bessere Texte sorgt dann die Software: Machine learning ermöglicht es, durch Nutzerverhalten und die Interaktion mit den Artikeln erfolgreiche Textmuster zu erkennen und zukünftige Texte entsprechend weiter zu optimieren – ganz von allein.

Praxisbeispiele: Wo kommen automatisch generierte Texte von Bots im Journalismus zum Einsatz?

Oft sind Bereiche im Journalismus, die bisher eher wenig oder nur am Rande bedient wurden, wie geschaffen für den Einsatz von Bots. Welcher Redakteur schreibt schon für jeden noch so kleinen Ort einen Wetterbericht? Mit Bots ist es kein Problem mehr, diesen granularen Content schnell und einfach zu generieren. Tausende von Varianten sind dadurch möglich. Eingesetzt werden können Bot ebenfalls bei der Erstellung von Polizeiberichten, im Sport oder Aktienmeldungen. Die Redaktionen können ihren Lesern dadurch einen zusätzlichen Mehrwert bieten, sparen dabei auch noch Zeit und können sich voll und ganz den großen journalistischen Themen widmen. Bei den Lesern gab es übrigens bisher kaum negative Reaktionen, sogar in Praxisversuchen, bei denen die Nutzung von Bots explizit ausgewiesen wurde – vorausgesetzt natürlich die Qualität der Texte stimmt.





Zukunftsaussichten: Journalisten müssen sich auf Bots einlassen

Saim Alkan ist sich sicher: Automatisierte Texterstellung ist in ein paar Jahren auch im Journalismus nicht mehr wegzudenken. Crossmediale Inhalte erfordern es schon jetzt, Texte für die verschiedenen Kanäle immer mehr ganz konkret zu optimieren – jeder Journalist bräuchte dadurch mittlerweile eigentlich einen Softwareentwickler neben sich. Es reicht also nicht mehr aus, mit Papier und Bleistift Journalist zu sein. Saim Alkan prognostiziert damit eine weitreichende Veränderung der Medienhäuser und rät Journalisten, Veränderungsbereitschaft zu zeigen, sich auch Themen wie Bots zu öffnen und sie als Chance zu sehen. Berufsbilder werden sich sicher zukünftig verschieben, neue Berufe werden entstehen – ersetzen kann ein Bot keinen Journalisten, er kann ihm aber unter die Arme greifen und die Medien noch ein Stückchen besser machen.

Das gesamte Interview mit vielen Beispielen und spannenden Insights gibt es im Video. Wir bedanken uns bei Saim Alkan von AX Semantics für das spannende Gespräch!