Bereits 20 Jahre ist es her, dass das Internet of Things erstmals namentlich erwähnt wurde – und zwar von dem MITler und RFID-Standard-Mitbegründer Kevin Ashton, im Jahre 1999, als Computer noch überwiegend die heute immer weniger gebräuchliche Form von Desktop-Towern hatten. Die zugrunde liegende Idee ist gar noch acht Jahre älter, als sich der Informatiker Mark Weiser Gedanken über die elektronische Zukunft machte. Die Prophezeiung dieser beiden Herren ist mehr oder weniger eingetroffen: etwa 3,7 Milliarden Geräte sind Statistiken zufolge heute (2017) bereits im Netz unterwegs, auf die die Definition von IoT zutrifft.
Doch welche mag das sein? Fragt man den Durchschnittsbürger nach IoT, kommt zuerst die Antwort SmartHome und als zweites Wearables – kein Wunder, handelt es sich hier doch um die Produkte, mit denen der Consumer am meisten konfrontiert wird. Dabei machen SmartHome-Geräte wie intelligente Waschmaschinen und Wearables wie Fitness-Tracker jeweils gerade knappe 5% aller IoT-Devices aus.
In welchen Bereichen also finden wir IoT vor, abgesehen von SmartHome und Wearables? Die Industrie selbst (unter anderem SAP) schlägt eine Kategorisierung in sechs Bereiche vor, die – wenig verwunderlich – nach Industriezweigen geordnet sind; sorgt doch IoT in sämtlichen Branchen für eine wahre Goldgräberstimmung.
Bereich eins umfasst zum großen Teil denjenigen Umfang, der mit SmartHome gemeint ist, also Consumer- bzw. Endverbraucher-Produkte wie Kaffeemaschinen, Rasenmäher-Roboter oder Türschlösser. Ein weiterer großer Teil findet sich auch in der Industrie, Sensoren in Fertigungsstraßen, was in Deutschland unter dem Schlagwort Industrie 4.0 zusammengefasst wird.
Die zweite Kategorie lautet vernetzte Vermögenswerte und beinhaltet im Gegensatz zu den vorhergehenden Produkten hochpreisige, langlebige Gegenstände wie größere Industriemaschinen oder auch Luftfahrzeuge. Es geht hier um das Verbinden von Produktionssystemen mit Fertigungs- und Wartungsprozessen, um Ausfallzeiten zu verringern und damit Betriebskosten zu senken.
In der dritten Sparte sind vernetzte Flotten aufgeführt: alles, was mit Telematik zu tun hat, lässt sich hier unterbringen, seien es Baumaschinen oder SmartCars oder gar vollständig autonome Fahrzeuge. Hier verspricht man sich eine Vereinfachung der Datenerhebung und Übertragung.
Kategorie vier ist der vernetzten Infrastruktur gewidmet. Das wohl bekannteste Beispiel sind die sogenannten SmartMeter zur Erfassung des Energieverbrauchs und der damit einhergehenden Möglichkeit, dynamisch zu jeder Zeit exakt die benötigte Menge an Energie bereitzustellen.
Der fünfte Bereich sind vernetzte Märkte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: es handelt sich nicht um kapitalistische, sondern um physische Märkte; also Einkaufszentren, die den Konsumenten mit vielfältigsten Trackingmethoden noch effektiver ausspähen können, um noch personalisierter und effektiver werben zu können – was letztlich doch auch wieder eine Vernetzung des abstrakteren Markt-Begriffes ermöglicht.
Segment Nummer sechs sind vernetzte Menschen, wo sich vornehmlich die Wearables tummeln. Dazu zählen Smartwatches, intelligente Kleidung und Schmuck genauso wie Augmented Reality-Brillen und (Sex-)Spielzeuge, mit dem Ziel, die Menschen einander und Communities näherzubringen, aber auch die Bequemlichkeit in Alltag und Arbeit zu steigern. Der wahre Benefit mag hier im medizinischen Bereich liegen.
Der gemeinsame Nenner liegt in zwei Aspekten: zum Einen der physikalische Aufbau der Systeme – und der Nutzen dieser Technologie. Besonders der zweite Aspekt hingegen wirft Fragen auf und verdient es, eingehender beleuchtet zu werden – wobei die zentrale Frage lautet: wem nützt das Ganze eigentlich?
Per Definition hat die Kategorie sechs diese Frage entschieden: dem Anwender der Technik natürlich, dem Technologie-Träger, wenn man so will. Zweifelsohne rufen Funktionalitäten wie das Erheben von Leistungs- und Körperdaten im Sinne des Quantified Self anfänglich Begeisterung hervor. Hat man sich aber erst mal sattgesehen, folgt oft die Ernüchterung. Und nicht zuletzt fällt es Menschen schwer, aus gewohnten Verhaltensmustern auszubrechen. So liegt die teure AR-Brille dann doch bald ungenutzt hinter geschlossenen Schranktüren oder wechselt in der elektronischen Bucht den Besitzer.
Obwohl auch in Kategorie fünf ein Nutzen für den Konsumenten wie z.B. kürzere Laufwege, bessere Preisvergleichsmöglichkeiten und schnelleres Finden von Produkten angeführt wird, ist der wahre Gewinner der Markt, oder besser der Betreiber der vorhandenen Systeme. Modelle, bei denen Nutzerdaten gegen günstigere Konditionen bei Zulieferern getauscht werden, sind nicht mehr ganz abwegig. Doch diejenigen, die die Werkzeuge dafür zur Verfügung stellen, schließen sich dem ungern an: unter dem Schlagwort Intranet of Things kapseln sich Firmen vom Weltnetz der Dinge ab und kochen ihr eigenes Süppchen im stillen Kämmerlein. Verständlich, ist der Wirtschaftsspionage durch diese Errungenschaft doch Tür und Tor geöffnet.
Neuerdings erhält man mit Erwerb des Produktes keinesfalls das Produkt an sich, sondern lediglich eine zeitlich begrenzte Nutzungserlaubnis. Ärgerlich nur, wenn der Hersteller bereits Wochen nach Erwerb entscheidet, dass das Produkt nun EOL ist – wie bei Logitech geschehen. Und wehe, man versucht, selbst Eingriffe in die Architektur vorzunehmen.
Vielleicht mag diese Betrachtungsweise manch einem altmodisch oder gar verächtlich erscheinen. Transhumanisten brechen angesichts der prognostizierten Entwicklungen in Freudentränen aus, während Puristen und Anthroposophen eher in Trauer schwelgen dürften. Ein reflektierter, wohlüberlegter Umgang mit IoT-Technologien scheint gerade als Consumer allerdings durchaus angeraten zu sein.