Durch Chatbots sollen Marken in noch engeren Kontakt mit ihren Kunden treten. Es handelt sich um Algorithmen, die auf natürliche Texteingabe mit entsprechenden Antworten reagieren.
Oder einfacher formuliert:
Ein Markenroboter, mit dem Kunden direkt im Chatfenster kommunizieren können.
Oft wird mit einem solchen „Bot“ ein bestimmter Avatar oder Charakter verbunden, durch den die Kunden das Gefühl haben, mit einem realen Markenbotschafter zu kommunizieren.
Die Schuh-Marke Clarks setzte zur Vermarktung eines neuen Schuhmodells beispielsweise drei virtuelle Charaktere ein, mit denen Kunden über den Whatsapp-Messenger chatten konnten und von denen sie Nachrichten, Videos sowie Musik-Playlists zugeschickt bekamen.
Bei dem amerikanischen Kosmetikhersteller Sephora bekommen Kunden eine individuelle Makeup-Beratung und die Kunden des Schnellrestaurants Tacobell können im Chatfenster bequem eine Bestellung aufgeben.
Das neue Internet – Chatbots ersetzen Webseiten?
Dass die Chatbots im Moment so beliebt sind, hat mehrere Grunde. Zum einen wollen die Unternehmen endlich die hohen Nutzerzahlen von Nachrichten-Diensten wie Whatsapp oder des Facebook-Messengers nutzen. Weltweit belaufen sich diese bereits auf über 1,4 Milliarden.
Zum anderen hat sich bei dem Einsatz von Apps Ernüchterung eingestellt, da Kunden zu wenig Zeit auf den Apps verbringen und diese immer seltener heruntergeladen werden.
Ted Livingston, der Gründer des Nachrichtendienstes Kik, sieht in dem Aufstieg der Nachrichtendienste „den Anfang des neuen Internets“, in dem der Nachrichtendienst die Rolle des Browsers einnimmt und Webseiten von Chatbots ersetzt werden.
Der US-amerikanische Nachrichtendienst Kik hat aktuell über 275 Millionen Mitglieder, wovon 40 Prozent Jugendliche sind. In diesem Jahr hat Kik einen neuen Chatbot-Store eingeführt, der diese attraktive Zielgruppe erschließen soll. Auf der Unternehmensseite besteht großes Interesse an dem neuen Kommunikationskanal: bereits über 80 Marken haben über Kik einen Chat-Roboter eingeführt.
Facebook – der neue Marktführer?
Auf der Entwicklerkonferenz F8 verkündete jetzt auch Mark Zuckerberg, dass Facebook großes Potential in der Technologie sieht.
Durch den Launch eines eigenen Bot-Stores soll der Facebook Messenger zu der Kommunikationsplattform werden, auf der Nutzer mit ihren Lieblingsmarken in Kontakt treten – sei es um sich beraten zu lassen oder Bestellungen aufzugeben.
Dabei hat das soziale Netzwerk bereits große amerikanische Marken als Kooperationspartner gewonnen: darunter Spotify, Walmart, Uber, CNN und ebay.
Durch die praktische Handhabung soll der virtuelle Kundenservice zu höheren Umsätzen beitragen. Nach der Live-Demonstration einer Chatbot-Bestellung kommentierte der Messenger-Chef David Marcus belustigt:
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]“I can guarantee you’re going to spend a lot more money than you think,”[/pullquote]
Hohe Erwartungen und technische Hürden
Den Chat-Robotern wird somit eine glorreiche Zukunft prophezeit, die mit hohen Erwartungen einhergeht. Dabei stellt sich die Frage, ob der Stand der Technologie den Anforderungen bereits entspricht.
Bei den meisten Chatbots handelt es sich noch immer um automatisierte Antworten-Geber, die hauptsächlich auf Standard-Anfragen reagieren. Große Hoffnung wird daher in Algorithmen gesetzt, die durch künstliche Intelligenz dazu lernen und ihr Kommunikations-Spektrum automatisch erweitern.
Der Einsatz eines solchen Bots endete jedoch für Microsoft in einem PR-Desaster. Der auf Twitter eingesetzte Chatbot „Tay“ lernte unteranderem rassistische Äußerungen von den Nutzern und musste nach kurzer Zeit wieder deaktiviert werden.
Dass der menschliche Kontakt bei komplexeren Kundenanfragen nicht ersetzbar ist, findet auch der Unternehmensführer von Tesco James Gough, der komplett auf Chatbots verzichtet:
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]“We use real people to engage with our customers and look to add personality into our conversations.”[/pullquote]
Künstliche Intelligenz im Marketing: Der nächste Schritt?
Die virtuellen Gesprächspartner sind ein weiterer Versuch, die zielgruppenspezifische Ansprache von Kunden durch künstliche Intelligenz zu verbessern.
Im Marketing wurde künstliche Intelligenz bisher vor allem für die Analyse großer Datenmengen eingesetzt (Stichwort: Machine Learning).
Ein wichtiger Bereich ist hierbei das Empfehlungsmarketing. Um den Nutzern interessante Produkte vorschlagen zu können, identifiziert Amazon beispielsweise nicht nur ähnliche Produkte, sondern definiert zusätzlich Nutzer-Gruppen mit ähnlichen Eigenschaften und Interessen, durch die dann Prognosen für den einzelnen Nutzer aufgestellt werden können (Collaborative Filterung).
Durch Chatbots nimmt künstliche Intelligenz im Marketing eine Form an, von der die Menschheit schon seit dem Aufkommen der Idee fantasiert: Roboter, mit denen wir kommunizieren können.
In wie weit diese Technologie den Kundenservice durch Menschen ersetzen kann, hängt jetzt von der technischen Entwicklung ab. Für die Beantwortung von Standard-Fragen und -Prozesse sind die Bots jedoch bereits jetzt ein attraktives Tool für Unternehmen.
Glauben Sie an das „neue Internet“, das von Ted Livingston prophezeit wird?
Quellen:
https://digiday.com/brands/how-brands-use-chatbots/
https://www.adweek.com/news/technology/kik-launching-shop-users-interact-chatbots-brands-170625
https://www.theguardian.com/technology/2016/apr/06/what-is-chat-bot-kik-bot-shop-messaging-platform
https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/facebook-f8-chatbots-als-interface-der-zukunft-a-1086765.html
https://www.venturebeat.com/2016/04/12/the-chatbot-gold-rush-is-officially-here