Im Bereich Connected Health soll es in Zukunft darum gehen, mit sogenannten Health Wearables nicht nur für die eigene Fitness & Gesundheit Daten zu sammeln, sondern mit Daten des Körpers die medizinische Forschung voranzutreiben. Ärzte sollen Patienten dadurch besser gesund halten können und verstärkt bereits in der Prävention zum Einsatz kommen. Dadurch könnte sich die Rolle des Arztes grundlegend ändern.
Der Arzt als Gesundheitsberater
Der Arzt wird zu einer Art Gesundheitsberater, der dem Patienten mit Hilfe der aufgezeichneten Werte zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen kann. Auch bei bereits vorhandenen Krankheiten können Wearables im Gesundheitsbereich in Zukunft eine große Bereicherung sein, um den Krankheitsverlauf genau zu erkennen, ihm eventuell entgegenzuwirken oder sogar gesundheitliche Probleme vollständig zu lösen.
Das Problem bei Wearables wie zum Beispiel Fitnessbändern sind die Menschen. Ein Mensch muss sich bewusst täglich dafür entscheiden das Gerät tragen zu wollen oder es bei sich zu haben. Genau hierfür sind Menschen nicht zuverlässig genug, als dass die Daten auch für die medizinische Forschung genutzt werden könnten. Wearables wie Fitnessbänder landen schnell in der Schublade, weil der Nutzer das Interesse daran verliert.
Kliniken, Hersteller und Forschung versuchen deshalb Wege zu finden, das Datensammeln schmackhafter zu machen, indem spielerische Ansätze zum Einsatz kommen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Gamification-Ansatz. Hierbei werden zum Beispiel Ziele gesetzt, mit Erreichung einer Punktzahl eine Belohnung ausgespielt, der Vergleich zwischen Freunden wird möglich gemacht und so weiter. Dies kann dabei helfen, die Motivation beim Nutzer zu steigern, um möglichst langfristig und lückenlos Daten sammeln zu können.
Verändern könnte sich das Problem auch bei Sensoren, die am oder im Körper getragen werden, wodurch menschliche Fehler schon einmal ausgeschlossen werden. Je näher die Technik an oder in den Körper des Nutzers wandert, desto zuverlässiger und lückenloser ist die Aufzeichnung der Daten.
Eine weitere Veränderung in der Zukunft ist dadurch auch im Gesundheitssystem denkbar. Mit Hilfe von Wearables können Krankenkassen auf die Daten zugreifen und wissen so, wie sich der Versicherte bewegt und welche Werte er hat. So können beispielsweise Belohnungen für einen gesunden Lebensstil von der Krankenkasse eingerichtet werden. Im Gegensatz dazu kann es für den Kunden aber auch schlecht sein, wenn die Krankenkasse die genauen Daten und Gesundheitswerte kennt, weil dies dazu führen kann, dass die Krankenkasse bestimmte Behandlungen und deren Kostenübernahme verweigert, wenn die Daten des Versicherten weniger gut sind. Im Folgenden soll vor allem auf den Bereich der Kontaktlinsen als Wearables eingegangen werden.
Das Auge als Ausgangspunkt
Warum ist das Auge gut dafür geeignet, ein Wearable einzusetzen? Auf das Auge wirken verschiedene Einflüsse ein. Zum einen die inneren Einflüsse wie der Augeninnendruck oder die die Wölbung der Hornhautoberfläche, die mit Hilfe eines Wearables gemessen werden können. Auch die Tränenflüssigkeit kann analysiert und beispielsweise darin der Blutzucker, Puls oder Blutdruck gemessen werden. Äußere Einflüsse auf das Auge können beispielsweise Pollenstaub oder die Sonne sein. Denkbar wären hier zum Beispiel eine Stromversorgung des Kontaktlinsen-Wearables über Solarsensoren oder die Messung von Allergenen, denen das Auge ausgesetzt wird. Es gibt also verschiedene Ansätze und Parameter, die aus und mit dem Auge gemessen werden und so bestimmten Krankheiten vorbeugen oder helfen können.
Technologie-Ansätze der Health Wearables Kontaktlinsen
Zu den häufigsten Ursachen für eine Erblindung gehören das Glaukom (grüner Star) und der erhöhte Augeninnendruck. Netzhaut und Sehnerv werden durch den Druck auf lange Sicht beschädigt und können bis zur Erblindung führen.
Sensimed Triggerfish dient zur Überwachung des Glaukoms. Hierbei handelt es sich um eine softe Einwegkontaktlinse aus Silikon, die mit Hilfe eines Mikrosensors den Druck des Auges beziehungsweise die Hornhautverkrümmung und deren Umfangsänderung messen kann.
Wenn der Druck hoch ist, ist die Wölbung der Hornhautoberfläche stärker. Es kann also abgelesen werden, ob sich der Druck verändert. Für Ärzte ist dies ein wichtiger Parameter, denn wenn genau erkannt werden kann, wie stark sich der Druck verändert, kann präventiv weiterer Schaden verhindert werden.
Um die Kontaktlinse zu nutzen und deren Daten auslesen zu können, benötigt es jedoch eine Antenne, die um das Auge herum wie eine Art Pflaster aufgeklebt wird. Dadurch wird die Linse drahtlos mit Energie versorgt. Die Energiequelle muss also nah am Auge liegen.
Die Informationen der Kontaktlinse können drahtlos empfangen und gesendet werden. Die Daten werden dann über ein dünnes, flexibles Kabel von der Antenne zum Aufzeichnungsgerät übertragen. Im Aufzeichnungsgerät ist eine Batterie untergebracht und die Daten der 24 Stunden–Sitzung werden hier gespeichert.
Via Bluetooth werden die Daten dann auf einen Computer übertragen, sodass der Arzt die Daten lesen und analysieren kann. Die Aufzeichnungen helfen dem Arzt dabei die Dosierung, den Zeitpunkt und die Art von Medikamenten optimal zu wählen und einschätzen zu können. Somit kann der Augeninnendruck besser unter Kontrolle gehalten werden.
Als Alternative zu dieser Lösung wird der Augeninnendruck oftmals direkt beim Arzt vor Ort gemessen. Allerdings reicht es nicht, lediglich diesen einen Zeitpunkt zu untersuchen. Der Zeitraum ist hierbei extrem wichtig, weshalb die Kontaktlinse auch für 24 Stunden getragen wird und die Veränderungen aufzeichnet. Beispielsweise kann sich der Druck nachts, in einer liegenden Position, anders verhalten als während des Tages.
Trotz positiver Studien hat sich die Technologie jedoch noch nicht wirklich durchgesetzt, in den USA darf die Linse aber bereits vertrieben werden.
Smart Contact Lens von Google
Auf der Welt leidet etwa jeder 19. Mensch an Diabetes. Diabetiker müssen sich mehrfach
am Tag in den Finger stechen, um so ihren Blutzucker zu messen und unter Kontrolle zu behalten. Das Stechen in den Finger wird von Diabetikern als lästig empfunden und vor allem bei Neu-Patienten als unangenehm betrachtet oder gar vergessen. Der Blutzuckerspiegel muss jedoch regelmäßig kontrolliert werden, da sich das Risiko für Herz, Nieren und Augenkrankheiten ansonsten erhöht. Die Technologie der Google Smart Lens, basiert auf einem Sensor, der aus der Tränenflüssigkeit heraus den Blutzucker messen kann.
Biosensoren messen den Blutzucker in der Tränenflüssigkeit und senden diese Daten dann zurück zum Smartphone, wo dann das Glukoselevel in einer App angezeigt wird. Eine ringförmige Mikroantenne, feiner als ein menschliches Haar, sendet die Daten und empfängt sie drahtlos. Antenne und Chip (RFID) senden hierbei die Daten an das Smartphone. In Echtzeit kann dann der Blutzucker überwacht und gemessen werden. Eingeschlossen ist die Elektronik in einer soften Kontaktlinse zwischen zwei weichen Schichten.
In Zukunft ist geplant eine LED in die Linse mit einzubauen, die dem Träger anzeigt, dass der Blutzucker zu hoch oder zu niedrig ist. Das Problem an der Technologie ist bisher, dass nicht sicher ist, ob es auch wirklich funktioniert, weil es noch keinen komplett funktionstüchtigen Prototypen gibt. Des Weiteren ist der Blutzucker in der Tränenflüssigkeit nicht derselbe wie der Wert direkt im Blut und es gibt eine Verzögerung bei der Messbarkeit. Der Wert ist erst 8 Minuten später in der Tränenflüssigkeit messbar.
Ein Problem beider Technologien ist die Energiezufuhr. Bisher gibt es die Lösung von Sensimed, die Antenne rund um das Auge zu kleben. Bei einer Kontaktlinse, die dauerhaft getragen wird, wäre dies keine annehmbare Lösung.
Für die Zukunft gibt es eine mögliche Lösung, bei der über einen Solarsensor die Energie gewonnen werden könnte. Durch äußere Einflüsse wie Sonne oder auch künstliches Licht, könnte über Solarzellen die Energie gewonnen werden, die zumindest teilweise die Elektronik in der Linse versorgen könnte.
Zukunftsvision
Es gibt bereits zahlreiche Patentanmeldungen und Möglichkeiten, wie die Sehkraft und Augenkrankheiten mit Hilfe von neuen Technologien und Wearables in Zukunft verbessert oder verhindert werden sollen.
Als Erweiterung in der Zukunft ist z.B. eine Autofokus-Linse aufzuführen, die das Problem von Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit im Alter lösen soll. Funktionieren könnte die Technologie der Flüssiglinse z.B. nach einem einfachen Grundprinzip. Hierbei wird zwischen zwei Metallringen eine Flüssigkeit gefüllt, die Öffnung in der Mitte wird mit einer elastischen Membran bespannt. Eine Spannung zwischen den Ringen bewirkt dann ein anziehen oder abstoßen. Da das Volumen der Flüssigkeit innen jedoch gleich bleibt, wölbt sich die Membran nach innen oder außen wodurch sich die Brennweite ändert und so die Sicht angepasst wird.
Eine andere Technologie der Zukunft ist die ocumetic bionic lens, erfunden von dem kanadischen Forscher und Augenmediziner Dr. Garth Webb. Diese könnte die herkömmlichen Kontaktlinsen und Brillen überflüssig werden lassen. Sich die Linse einsetzen soll sogar ungefährlicher sein als sich die Augen lasern zu lassen. Außerdem kann sie das Auge vor dem grauen Star, einer Trübung der Augenlinse, schützen, wodurch die Sehschärfe zunehmend nachlässt. Die menschliche Linse wird im Alter immer schlechter und könnte so einfach ausgetauscht werden.
Durch eine schmerzfreie Operation, die nur wenige Minuten dauert. Hierbei wird die Linse durch eine künstliche, bionische Linse, ersetzt und führt so zu einer Sehkraftverbesserung, um den Faktor drei. Wenn also ein Schild normalerweise in 3 Meter Entfernung scharf gesehen wird, wird es mit der bionischen Linse auch in 9 Meter Entfernung noch scharf gesehen.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Art von Erweiterungen der Sehkraft schon fast als übernatürliche Kräfte einzuschätzen sind und welche Gefahren lauern, wenn jeder Mensch eine übernatürliche Sehkraft besitzt. Nicht nur kranke Menschen haben die Möglichkeit die Technologien zu nutzen, auch gesunde Menschen, die sich durch verbesserte Sehkraft z.B. für bestimmte Sportarten „dopen“ möchten, haben dann die Möglichkeit dazu.
Fest steht jedoch, dass die aufgeführten Kontaktlinsentechnologien bei bestimmten Erkrankungen des Auges oder auch einer Erkrankung wie Diabetes den Betroffenen eine extreme Verbesserung der Lebensqualität schenken würde.
Zusätzlich zu den Problemen und Unsicherheiten in der Umsetzung kommt natürlich auch immer die Frage nach dem Datenschutz. Hier von besonders empfindlichen und persönlichen Gesundheitswerten und Daten. Wie sich die Technologien jedoch weiterentwickeln und in Zukunft gestaltet werden, lässt sich mit Spannung verfolgen.