Zum Zeitpunkt des Interviews auf der dmexco 2015 in Köln war Felix Schmidt noch Director of Digital Marketing, CRM & E-Commerce bei L’Oréal Deutschland. Wenige Wochen später wurde er zum ersten Chief Data Officer ernannt. Allein dieser Jobtitel zeigt, welche Bedeutung dem datengetriebenen und digitalen Marketing innerhalb des Unternehmens zukommt. Im Gespräch mit den Internet Innovators verrät Schmidt, was L’Oreál Deutschland zukünftig plant, um aus seinen Marken (digitale) Lovebrands zu machen.
Der französische Konzern L’Oréal ist Weltmarktführer im Kosmetikbereich und besitzt derzeit 32 internationale Marken. Dazu zählen unter anderem Consumer Products wie L’Oréal Paris, Garnier und Maybelline Jade, Luxusprodukte wie Lancôme, Biotherm und Kiehl’s sowie Marken der Apothekenkosmetik wie Vichy und La Roche-Posay. Das Unternehmen ist in 130 Ländern auf 5 Kontinenten vertreten und erwirtschafte 2014 einen Umsatz von 22,53 Milliarden Euro. Schon heute investiert L’Oréal Deutschland etwa jeden fünften seiner Werbe-Euros ins Digitale und gilt damit als ein Vorreiter der Fast Moving Consumer Goods (FMCG)-Branche. Das Unternehmen will sich mit konsequenter Digitalisierung und Content Marketing fit für die Zukunft machen.
Digitalisierung der Marken
Laut Felix Schmidt gelingt es L’Oréal mit seinen sogenannten “Lovebrands” aus dem Consumer Product Bereich problemlos, mit der Zielgruppe digital zu kommunizieren. Diese Marken sind so beliebt, dass sich die Nutzer von selbst mit ihnen beschäftigen und dabei zahlreiche Inhalte (Stichwort: User Generated Content) wie Fotos, Videos oder Kommentare generieren. Die überwiegend jungen Konsumenten sind leichter über Social Media Kanäle erreichbar und damit offen für diese Art der Kommunikation. Mit traditionelleren Marken wie Lancôme müssen hingegen neue Wege gefunden werden, um in einen digitalen Dialog mit den Kunden zu treten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, mit welchen Inhalten diese Marken kommunizieren sollen. Diese Herausforderungen sollen zukünftig durch eine dreiteilige Strategie, bestehend aus E-Commerce, Daten und CRM, bewältigt werden.
E-Commerce Strategien für die FMCG-Branche
Bei den Produkten von L’Oréal handelt es sich überwiegend um Artikel, die vor dem Kauf probiert werden wollen bzw. eine persönliche Beratung verlangen. Gerade im Bereich Kosmetik bieten Drogerien als indirektes Vertriebsmodell darum die besten Möglichkeiten, um Produkte vor dem Kauf zu testen. Aber auch beratungsintensive und hochpreisige Produkte wie die Reinigungsgeräte von Clarisonic lassen sich stationär leichter verkaufen. Darum eröffnet L’Oréal nach und nach Flagship Stores, in denen sich Kunden intensiv beraten lassen und die Geräte ausgiebig testen können. Außerdem werden die Webseiten und Online Shops dieser Marken an die Bedürfnisse der Konsumenten angepasst. Mit Elementen wie dem 360-Grad-Blick, zusätzlichen Produktinformationen und erklärenden Videos zur idealen Anwendung soll der Entscheidungs- und Kaufprozess auch online erleichtert werden.
Datengewinnung für eine zielgruppengerechte Kommunikation
Data is King – Das weiß auch L’Oréal Deutschland. Darum werden die gewonnen Kunden- und Kaufdaten zukünftig verstärkt dazu genutzt, die Konsumenten noch zielgerichteter mit relevanten Themen anzusprechen. Das entspricht dem Retargeting-Konzept, wie man es unter anderem auch von Zalando kennt. Auch der Mediaeinkauf soll in Zukunft noch zielgruppengerechter erfolgen. Werbung wird dadurch immer mehr genau dort positioniert, wo sie die Konsumenten wirklich erreicht. Zusätzlich setzt L’Oréal auf Maßnahmen des Discovery Marketings. Dabei sollen vor allem die Konsumenten erreicht werden, die normalerweise nicht als klassische L’Oréal Zielgruppe gelten, bzw. noch nie im Kontakt mit der Marke standen. Sie werden vom Unternehmen aktiv in ein bestimmtes Segment eingeordnet und “entdecken” die Produkte durch gezielte Werbebotschaften.
Ein intensiveres Customer Relationship Management
Bei CRM-Systemen in der FMCG-Branche geht es immer mehr um eine sinnvolle Verknüpfung der verschiedenen Touchpoints im Rahmen der Customer Journey und eine Verzahnung von stationärem Handel mit dem Online Shop. So brachte L’Oréal eine Content-App namens “Make-up-Genius” auf den Markt, welche den Nutzern das Ausprobieren von L’Oréal Artikeln ermöglicht. Die App hat Produkte und fertige Looks im Repertoire, die man via Gesichtserkennung an sich selbst ausprobieren kann. Gefällt ein Produkt oder ein ganzer Look, lassen sich die Artikel direkt ordern. Ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung ist der Launch des CRM-Programms „L’Oréal Paris privée“. Die Plattform besteht aus dem digitalen Portal, der App, Aktionen am POS und begleitender Kommunikation. Beim Kauf von L’Oreál Produkten sammeln die User Treuepunkte, welche sie später über die App einlösen können. Darüber hinaus erhalten Kundinnen individuelle Mehrwerte wie z.B. exklusive Produkttests vor Markteinführung.
L’Oréal ist sich den Herausforderungen der digitalen Transformation bewusst und nimmt diese in den Bereichen E-Commerce, Data Driven Marketing und CRM aktiv an. Durch den bewussten Umgang mit Daten, lassen sich sowohl E-Commerce als auch CRM- Strategien zielgerichteter auf die Konsumenten anwenden. Die ermöglicht eine intensivere Markenkommunikation und einen Wandel von Brands zu digitalen Lovebrands.
Das Interview mit Felix Schmidt:
Quellen:
https://www.loreal.de/gruppe/unternehmensüberblick/zahlen-und-fakten
https://www.moccu.com/blog/wissen/unser-vortrag-wie-funktioniert-modernes-multichannel-crm