Im Bioprinting kann die Zukunft der Medizin liegen. Es kann uns alle treffen. Durch Unfälle oder andere Katastrophen kann es dazu kommen, dass man eine Prothese braucht oder Organe ersetzt werden müssen. Und selbst, wenn man von so etwas verschont wird, bleibt noch die Tatsache des demografischen Wandels. Wir werden alle immer älter. Und je älter man wird, desto mehr ist man auf die Verbesserung der Medizin angewiesen. Doch die klassische Medizin stößt längst an ihre Grenzen. Der Bedarf steigt, aber das Angebot z. B. im Bereich der Spenderorgane geht zurück. Was also tun?
Wie wunderbar klingt da die Vorstellung, dass man sich in Zukunft mittels Bioprinting jedes Ersatzteil, das man braucht, vom Drucker ausdrucken lassen kann. Kein Warten mehr auf ein Spenderorgan, sondern immer alles vorhanden, was man braucht. Und das im Idealfall auf jeden Menschen individuell angepasst. Soweit die Theorie. Aktuell dürfte das aber noch Zukunftsmusik sein. Im Folgenden wird also dargestellt, wie der aktuelle Stand des Bioprintings ist. Wie sind die Einsatzmöglichkeiten von Bioprinting? Welche Praxisbeispiele gibt es schon und wie kann es sich in der Zukunft entwickeln?
Abgrenzung von Bioprinting zum 3D-Druck
Die Entwicklungen im 3D-Druck sind bereits relativ weit vorangeschritten. Es handelt sich hierbei um den Druck mit Kunststoffen. Hier gibt es bereits einige Erfolge zu verzeichnen. Der nächste logische Schritt ist laut den Wissenschaftlern das Bioprinting. Somit kann 3D-Druck nicht klar von Bioprinting abgegrenzt werden. Man muss es eher als eine Weiterentwicklung verstehen. Das Bioprinting bietet die ideale Verbindung von Digitalität und Biotechnologie. Man geht davon aus, dass die Forscher bis in 10 oder 20 Jahren soweit sein könnten, Hautzellen oder ganze Organe auszudrucken. Diese sollen dann auch die Funktion von echter Haut oder Organen erfüllen können. Es müssen hier aber noch umfassende Entwicklungen stattfinden, bis es möglich sein wird beispielsweise ein echtes Herz durch ein gedrucktes ersetzen zu können.
Wie wichtig und präsent das Thema mittlerweile ist zeigt sich daran, wie oft sich damit beschäftigt wird. So fand im April 2016 in Mainz der 1. Internationale 3D-Print Kongress der Medizin statt. Bei diesem Kongress wurde über den Einfluss der neuen Technologie auf die regenerative Medizin gesprochen. Anwesend waren diverse Mund-, Gesichts- und Kieferchirurgen und auch Materialwissenschaftler. Es ging vor allem um den Austausch über die aktuellen Entwicklungen. Der Kongress zeigte auch wieder, dass man auf dem Gebiet des 3D-Drucks schon sehr weit ist. Der 3D-Drucker am Universitätsklinikum in Mainz ist mittlerweile bereits zweimal wöchentlich im Einsatz. Vor allem im Bereich der Zahnprothesen hat sich sehr viel getan. Und bereits seit 2014 gibt es neuartige Knieprothesen, bei denen der 3D-Drucker zum Einsatz kommt. Der Drucker schafft hier eine Gussform aus Kunststoff, die für die Metall-Legierungen der späteren Prothese verwendet wird. Gesprochen wurde auf dem Kongress auch über Bio3D-Drucker. Diese werden auch als organische Drucker bezeichnet. Im Unterschied zu 3D-Druckern geben sie keinen Kunststoff, sondern ein polymeres Gel aus, in welchem lebende Zellen eingeschlossen sind. Allerdings wurde auch während des Kongresses wieder nur über die Möglichkeiten von Bioprinting gesprochen. Man ist hier eben noch nicht so weit, dass man sich ans Drucken wagen kann.
Die Vorteile liegen aber auf der Hand. Es wird mit Bioprinting möglich sein die Gesundheitskosten zu senken. Und vor allem auch viel schneller ein passgenaues und individuell auf den Patienten zugeschnittenes Ersatzteil zu drucken. Gerade diese Individualität ist die große Besonderheit des Bioprintings, die sie dem 3D- Druck voraushaben wird.
Damit das Bioprinting aber erfolgreich sein wird, müssen drei zentrale Anforderungen erfüllt werden. Als erstes muss ein Gerüst geschaffen werden, welches eine Form und eine innere Struktur für die jeweilige Prothese oder das Organ vorgibt. Im zweiten Schritt müssen lebende Zellen in dieses Gerüst implementiert werden. Und zwar die richtigen Zellen an den richtigen Ort. Genau diese Anforderung ist die große Besonderheit des Bioprintings. Während der einfache 3D-Druck sich nur auf Kunststoffe und andere Materialien bezieht, sind es beim Bioprinting lebende Zellen, mit denen gearbeitet wird. Diese besonderen Herausforderungen machen das spezielle Drucken mit Bioprintern aus. Im dritten Schritt muss dann das künstlich geschaffene Organ natürlich durchblutet werden. Und aktuell gibt es kein wissenschaftlich belegtes Beispiel, das alle diese drei Herausforderungen erfüllt hat. Es wird in dem Bereich viel geforscht, was auch das Praxisbeispiel zeigt, aber bisher ist es niemandem gelungen alle drei Anforderungen zu erfüllen. Aber die Betonung liegt auf bisher.
Bioprinting Praxisbeispiel aus Japan
Um sich ein Beispiel für die Entwicklung von Bioprinting anzusehen, wagen wir einen Blick nach Japan. Die japanischen Forscher wollen Haut und Knochen aus dem Drucker entwickeln. So ist das Fernziel. Aktuell arbeiten sie an der Entwicklung eines neuartigen Bio3D-Druckers. Die Vision ist, mit ihm später ein passgenaues Hüftgelenk zu drucken.
Doch aktuell geht es noch um die Entwicklung des Druckers an sich. Es ist bisher noch nicht gelungen ein fertiges und funktionierendes Organ oder eine Prothese aus einem Bioprinter zu bekommen. Also wird an der Weiterentwicklung der Technik gearbeitet. Das geht in Japan besonders gut, weil die Regierung das Vorhaben mit 18 Mio. Euro fördert. Es hat sich am Universitätsklinikum Tokio ein Forschungsteam um Doktor Zuyoschi Takato gebildet. Dieses Bioprinting Team arbeitet an der Entwicklung des neuen Druckers. Der Bioprinting Drucker soll jegliche Form von Haut, Knochen und Knorpel herstellen. Man hofft auch sehr bald die Zulassung der Gesundheitsbehörde zu bekommen.
Das Ausgangsmaterial für diese Form des Bioprintings soll aus Stammzellen und Proteinen bestehen. Diese sollen das Wachstum auslösen. Zusätzlich wird mit einer chemischen Substanz geforscht, die dem menschlichen Kollagen (Eiweiß) ähnlich ist. Die große Herausforderung in Bezug auf die Knochen ist es, dass Knochen eben nicht nur eine harte äußere Fläche haben, sondern auch ein schwammartiges Inneres. Dies soll mit Hilfe der Bioprintingtechnologie besser hergestellt werden können. Die Forscher gehen davon aus, dass es, wenn ihre Arbeit erfolgreich ist, in Zukunft möglich sein wird, binnen weniger Stunden ein passgenaues Implantat auszudrucken. Dies soll mit Hilfe des Computertomographen möglich sein. Vor allem die Kürze der Zeit wäre aus medizinischer Sicht ein unschätzbarer Vorteil.
Normalerweise bräuchte man Knochen und Knorpel aus dem Körper des Patienten, das wäre dann nicht mehr notwendig. Des Weiteren sieht man gute Chancen, dass es sehr gut mit dem körpereigenen Gewebe verwächst. Diese Vorteile könnten vor allem Kindern helfen, die unter Knochen- und Knorpelproblemen leiden. Da Kinder eben relativ schnell wachsen, sind die synthetischen Implantate schlecht für sie. Bioprinting könnte hier eine große Entwicklung sein.
Das Hauptproblem, das die Wissenschaftler noch in den Griff bekommen müssen, ist die entstehende Hitze beim Druckprozess. Diese führt dazu, dass lebende Zellen und Proteine zerstört werden. Man arbeitet mit verschiedensten Modellen, um das Problem zu lösen. Doktor Takato hat da einen besonderen Ansatz.
Er arbeitet mit der Firma Fujifilm zusammen, die man vor allem durch die Negativfilme kennt. Sie haben ein künstliches Protein entwickelt. Dieses soll dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich sein. Der Vorteil ist, dass es resistent gegen die Hitze beim Bioprinting Druckprozess ist und somit nicht zerstört werden kann. Zusätzlich muss man so nicht mehr auf tierische Produkte zurückgreifen. Damit ist die Chance höher, dass der Körper es auch gut annimmt. Und vor allem sinkt das Risiko von Infektionen. In den Jahren 2017/2018 soll die Forschung soweit sein, dass mit den Tests zur Haut aus dem Drucker begonnen werden kann. Danach ist die Vision von Doktor Takato, Knochen, Knorpel und Gelenke am Menschen zu testen.
Dies wird aber erst die Arbeit für die Zukunft sein. Aktuell arbeitet man an der Entwicklung des neuen Druckers. Dass dies gelingt, daran kann man fest glauben, weil es bereits schon Forschungsergebnisse gibt, auf die man aufbauen kann. Das vorhergehende Forschungsprojekt trug den Namen „CT Bone“. Hier wurde mit Calciumphosphat gearbeitet. Daraus bestehen auch echte Knochen. Die Weiterentwicklung ist jetzt, dass man zum ersten Mal Stammzellen verwenden möchte. Die mit dem bisher vorgestellten Verfahren entstandenen Implantate werden an Stelle eines Knochenstückes oder eines gebrochenen Knochens eingesetzt. Diese bilden die Form. Nach etwa zwei Jahren werden sie durch körpereigenes Knochenmaterial ersetzt. So lange braucht der Körper zur Regeneration.
Tierversuche belegten aber bereits, dass es noch schneller geht, wenn man mit Stammzellen und Kollagen arbeitet. Für die CT Bone Versuche erwartet man relativ schnell die Zulassung der Gesundheitsbehörde. Bis es bei den Stammzellenforschungen soweit ist, wird es noch einige Zeit dauern. Aber die Forschung schreitet unaufhaltsam voran.
Wie geht es weiter mit Bioprinting?
Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass es sich beim Bioprinting um ein Thema der Zukunft handelt. Wie genau es sich weiterentwickelt und wie die praktischen Einsatzmöglichkeiten am Ende genau aussehen, das vermag noch niemand zu sagen. Im Bereich des 3D-Drucks ist man bereits relativ weit, was die ausgedruckten Elemente angeht. Beim Bioprinting ist man eher noch in der Forschungsphase. Wobei es eben nicht möglich ist, Bioprinting vom 3D-Druck zu trennen. Auch die Arbeit mit Prothesen und Organen lässt sich von anderen medizinischen Themen nicht trennen.
Wir müssen uns wohl daran gewöhnen, dass in diesem Bereich eine klare wissenschaftliche Abtrennung nicht möglich ist. Das kennen wir von vielen anderen technischen Bereichen ja auch. Die Verschmelzung der einzelnen Themen und die Verwischung von Grenzen sind auch im Bioprinting zu sehen. Was feststeht ist, dass Bioprinting ein hohes Potential hat, weil es unheimlich vielfältige Möglichkeiten für die Menschheit im Bereich der Medizin bietet. Deshalb ist Förderung in diesem Bereich sehr wichtig. Japan kann hier als Vorbild dienen. Wie lange es aber noch dauert, bis man mit Hilfe des Bioprinting Patienten helfen kann, das vermag noch niemand zu sagen. Wir müssen hier die Entwicklungen abwarten. Wie sich die Drucker entwickeln und wie die Verfahren effizienter gemacht werden können. Dem Bioprinting wird aber eine große Zukunft prophezeit.