Lineares Fernsehen ist für viele junge Menschen unattraktiv: Denn eine Generation, die es gewohnt ist, Inhalte jeglicher Form unabhängig von Ort und Zeit über das Internet abzurufen, hält sich nicht gerne an ein festes Fernsehprogramm. Genau hier setzen Video on Demand (VoD) Formate wie Netflix an und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Hat das traditionelle Fernsehen nun ausgedient?
Knapp ein Jahr ist der VoD-Anbieter Netflix nun in Deutschland abrufbar. 2015 gab das US-amerikanische Unternehmen an, weltweit 65,55 Millionen Abonnenten zu haben – alleine 3,3 Millionen davon wurden im 2. Quartal 2015 dazugewonnen. Laut des PwC Media Trend Outlook 2015 kann der Erfolg von Netflix als Teil eines viel größeren Phänomens gesehen werden: VoD ist auf konstantem Erfolgskurs. Der Gesamtumsatz aus digitalen Downloads und digitalem Verleih (S-VoD und T-VoD) soll bis 2019 auf 564 Millionen Euro steigen – zum Vergleich: 2014 sind es 202 Millionen Euro. Rund 40 Prozent der deutschen Onliner nutzen 2015 VoD – das ergab eine Befragung von Goldmedia. Im Jahr zuvor waren es erst 20 Prozent. Dies spricht für ein schnelles Wachstum der Nutzung und eine hohe Attraktivität.
Doch Netflix ist nicht allein: Die Konkurrenten von maxdome, watchever oder Amazon Instant Video locken den Nutzer mit vergleichbaren Angeboten – all diese Anbieter fokussieren sich wie Netflix primär auf Spielfilme und Serien. Doch die Mediatheken der TV-Sender und Online Videoportale wie myvideo oder youtube bedienen den VoD-Markt ebenso. Damit steigt nicht nicht nur die Nutzung von VoD, sondern auch die Konkurrenz.
Was bedeutet der VoD-Erfolg für die TV-Landschaft?
Wenn nun immer mehr Menschen online Bewegtbildinhalte nutzen, was passiert dann mit dem linearen Fernsehen? So ganz genau, kann diese Frage natürlich nicht beantwortet werden, aber Fakt ist, dass die Sehdauer bis 2011 konstant gestiegen ist und seitdem stagniert bzw. sinkt. Gleichzeitig dazu soll die Reichweite der Sender insgesamt gesunken sein. Definitv festzustellen ist, dass die deutsche Fernsehlandschaft durch zunehmende Fragmentierung in einem Umbruch befindet. Gleichzeitig beziehen immer mehr Menschen online fiktive und nicht-fiktive Bewegtbildinhalte.
Wenn man außerdem bedenkt, dass der größte Teil der Fernsehzuschauer über 50 Jahre alt ist – in einigen Sendern ist die Zielgruppe sogar 65 plus -, wird klar, dass das traditionelle Fernsehen vor allem Probleme hat, die junge Generation der Digital Natives und die jungen Erwachsen an sich zu binden. Denn laut der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) schauen nach den Kindern die 14- bis 29-Jährigen am wenigsten fern.
Der ZDF-Moderator Jo Schück sprach mit unserer Moderatorin Anja Lange genau über diese Problematik: Welche Trends gibt es im deutschen Fernsehen? Und wie kann man die Youtube-Generation für TV begeistern?
Ein Blick in die Glaskugel
Ein Blick in die Vereinigten Staaten lohnt sich: Denn wenn es um mediale und technologische Entwicklungen und Trends geht, manifestieren sich diese zuerst in Übersee und schwappen dann nach Europa. Damit sind die USA für viele eine Art Glaskugel, die zeigt, was in der Zukunft auf uns zukommt. Momentan wächst die VoD-Nutzung in den USA jährlich um fünf Prozent. Doch der Blick nach Übersee kann den TV-Verantwortlichen auch Hoffnung schenken: Nielsen fand in einer aktuellen US-Studie heraus, dass VoD-Nutzer 20 Prozent mehr Live-Fernsehen schauen als Menschen, die nicht VoD-Inhalte nutzen. Damit wird klar, dass Fernsehen langfristig nicht verschwinden wird, sondern große Chancen hat in der Event- und Live-Berichterstattung.
Quellen:
https://meedia.de/2015/07/16/zehn-monate-netflix-in-deutschland-viel-lob-und-ein-paar-kleine-macken/
https://www.agf.de/daten/tvdaten/sehdauer/?name=sehdauer
https://www.nielsen.com/us/en/insights/news/2015/nielsen-tv-trends-in-us-svod-viewing.html
https://www.goldmedia.com/blog/wp-content/uploads/2013/12/Grafik_TV-Peak_neu.jpg