Alles, was vernetzt werden kann, wird vernetzt. Obwohl das Konzept des Internet der Dinge in einem Satz so leicht erklärt ist, wird es schon als Revolution gehypt.
Experten schätzen den Marktwert für das Jahr 2020 auf 8,89 Billionen Dollar – dieser Wert setzt sich unter anderem zusammen aus Faktoren wie den Einnahmen von Wearables, Software-Lizenzen, Hardware, Forschung und Entwicklung. Bedeutet diese Entwicklung wirklich eine grundlegende Veränderung von allem, was wir gewohnt sind oder ist es doch nur heiße Luft?
Die Verselbstständigung von Geräten
Im Prinzip funktioniert das Internet der Dinge so, dass in verschiedensten Geräten kleine Computer mit Chips eingebaut sind, die es ermöglichen, mit anderen „smarten“ Gegenständen zu kommunizieren. Ganz ohne Eingreifen des Menschen können diese dann selbstständig agieren. Erst in den letzten Jahren ist die technische Entwicklung weit genug vorangeschritten, dass ein solches Szenario überhaupt in Betracht gezogen werden kann.
Von schlauen Armbändern bis ganzen Häusern
Smart TVs sind nicht wirklich neu und jeder kennt die multifunktionalen Fernseher mit Internetzugang mittlerweile. Doch auch Autos können smart sein, ja sogar ganze Häuser. Bei den „Smart Homes“ geht es zum einen um Effizienz, indem der Energieverbrauch optimal durch Sensoren gesteuert wird, zum anderen auch um Bequemlichkeit: Licht reguliert sich selbst je nach Stimmung, die Heizung muss nicht mehr selbst angestellt werden, sondern hat bereits vor dem Nachhause kommen die Räume angenehm erwärmt.
Faszinierend und auch etwas unheimlich zugleich: Wenn elektronische Geräte während der Anwendung mit dem Körper verbunden sind. Die sogenannten Wearables stürmen den Markt. Erst kürzlich hat Apple seine erste Smartwatch auf den Markt gebracht. Die „Apple Watch“ verfügt über eine breite Palette von Funktionen, so dient sie unter anderem als Fitness-Messer, Steuerungseinheit für das – natürlich zugehörige – iPhone, als Fernbedienung, Benachrichtigungszentrale, ja sogar Bezahlen ist mit der Uhr möglich. Auch Brillen und Kontaktlinsen, die in Zukunft die Realität durch visuelle Daten erweitern, Textilien, die je nach Hauttemperatur die Farbe ändern, aber auch Implantate, die dann buchstäblich zum Teil des Menschen werden, sind alles keine fernen Zukunftsszenarien mehr.
Internet of Money
Das Interesse am Internet der Dinge ist in der Industrie groß, die wirtschaftlichen Vorteile vielversprechend. Durch die selbstständige Kommunikation der Geräte werden Prozessoptimierungen und folglich Produktivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen möglich. Doch auch neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen kommen hinzu, ebenso wie Produktindividualisierungen für den Kunden. So kann man den Opel Adam heute bereits mit verschiedenen Einzelteilen und Designelementen individuell anpassen – ohne, dass dabei ein großer Mehraufwand für die Unternehmen entsteht und dem Kunden mehr geboten werden kann.
Uneinigkeiten und Unsicherheiten
Das alles klingt soweit sehr gut. Wenn man aber die rosarote Brille abnimmt, erkennt man, dass das Internet der Dinge noch weit davon entfernt ist, zu einer Revolution zu werden.
Allein aus wirtschaftlicher Sicht steht die Frage der Kostenverteilung, aber auch der Standardisierung und Integrierung der Technik offen. Wie können die Kosten gerecht aufgeteilt werden? Welche technologischen Prinzipien sollen einheitlich gelten, damit Geräte dieselbe Sprache sprechen? Wie kann das Wissen über die Technologie in Unternehmen an die Mitarbeiter gebracht werden oder überhaupt im Geschäftsalltag integriert werden? Diese Entwicklung in Richtung Automatisierung schürt bei vielen Arbeitnehmern auch Angst und Unsicherheit über die unbekannte, aufholende und meist unsichtbare digitale Konkurrenz, aber auch über schwindende Arbeitsstellen ist bei vielen nicht unbegründet vorhanden.
Enormer technologischer Anspruch
Auf technologischer Ebene werden enorme Ansprüche gestellt: Zum einen müssen die Geräte einwandfrei funktionieren, andererseits aber trotzdem erschwinglich sein, damit möglichst viele miteinander kommunizieren können. Da die „Welt der Dinge“ sehr heterogen ist, erfordert es eine gewisse Flexibilität, mit unterschiedlichen Situationen umgehen zu können. Es muss nach gleichartigen Prinzipien kommuniziert werden. Das Internet der Dinge zeichnet aus, dass „smarte“ Gegenstände nicht als Computer wahrgenommen werden sollen, die erst vom Nutzer konfiguriert werden müssen. Sie sollen sich selbst organisieren und an die jeweilige Umgebung anpassen, also nahtlos mit dem Nutzer agieren.
Datenschutz als Schlüsselfaktor
Zu Zeiten der Diskussionen um die NSA, die Sicherheit und der persönlichen Daten muss auch das Internet der Dinge zufrieden stellende Lösungen finden beim Thema Datenschutz, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erlangen. Nicht nur, dass bei Scheitern entsprechender Maßnahmen persönliche Daten an Dritte verloren gehen und somit das ganze Konsumverhalten und der Lebensstil ersichtlich werden könnte, sondern auch, dass sensible Informationen bei der Kommunikation zwischen Unternehmen fatale wirtschaftliche Folgen hätten.
Bislang ungeklärt ist auch die Frage, wie das Internet der Dinge rechtlich geregelt wird. Da es aufgrund seiner Dynamik über Landesgrenzen hinaus geht, muss eine überstaatliche Regelung gefunden werden. Die Wettbewerbsordnung muss konkretisiert, Monopole vermieden werden.
Der smarte Mensch
Nicht zuletzt kommt noch die immer stärker werdende Technologieabhängigkeit des Menschen hinzu. Führt die Einführung des Internets der Dinge zu einem Souveränitätsverlust? Zu Entscheidungsunfähigkeit? Wird die Technologie wirklich mit dem Menschen verschmelzen, sodass wir in Zukunft zu Cyborgs werden? Werden die Geräte dann irgendwann smarter als wir selbst?
Es gibt noch einige Hürden zu bewältigen. Bevor der Mensch zum Cyborg wird, sind die noch ungelösten Aspekte aus Technologie, Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft zu klären. Die Akteure aus den verschiedenen Bereichen müssen zusammenarbeiten, um die Entwicklung voranzutreiben. Ob es wirklich zu einer Revolution kommt, bleibt abzuwarten.