Neben den immer schneller werdenden Prozessoren und größeren Speichern sind es vor allem die Sensoren und Aktoren, die kleiner, stromsparender und viel billiger werden. Es gibt keinen wichtigen physikalischen oder chemischen Parameter mehr, der nicht an jedem Ort gemessen und überallhin hin mitgeteilt werden könnte. Sensorchips erkennen nicht nur Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Beschleunigung oder Lichtstärke, sondern auch radioaktive Strahlung, die Anwesenheit praktisch jedes beliebigen Stoffes von Drogen über Sprengstoffe, aber auch Proteine oder Viren.
Und das alles immer kleiner und billiger. Der Grund dafür ist, dass die Chipfabriken durch die gigantischen Stückzahlen (aktuell werden jeden Tag mehr als eine Million Handys frei geschaltet) so viel Geld in die Verbesserung ihrer Fertigungstechnik investieren konnten, dass wir jetzt bald im einstelligen Nanometerbereich angekommen sind. Nano heißt Zwerg und das ist nicht nur politisch unkorrekt, sondern auch stark übertrieben, denn bei einer Strukturbreite von 10 Nanometer passen da gerade noch 100 Atome nebeneinander.
Auf den Chips geht’s verdammt eng zu und das kommt schon nahe an den effizientesten Informationsverarbeitungsapparat heran den wir kennen, nämlich die biologische Zelle. Die ist allerdings noch deutlich energiesparender, wie jeder weiß, der mal versucht hat, den Bauchumfang durch Laufen zu reduzieren. Aber der Vergleich ist unfair, denn die Natur hat daran auch ein paar Milliarden Jahren rumgefrickelt, während die Intels, IBMs, AMDs und Qualcoms jetzt mal gerade 50 Jahre an ihren CMOS-Rennern schrauben. Dafür sind die Rundenzeiten gar nicht so schlecht, und wenn man sich evolutionäre Bio-Design-Geniestreiche wie die Kniescheibe oder den Blinddarm anschaut, muss man vor den Ingenieuren schon den Hut ziehen.
Und sie haben etwas geschafft, was Humanoide nur in Science Fiction Filmen können, nämlich Telekommunikation in Lichtgeschwindigkeit. Die schnelle Vernetzung von allem mit allem in unglaublich kurzer Zeit. Das ist der eigentliche Witz am IoT! Das fing über den Draht an und dann lernten die schlauen Käfer das Funken auf allen Frequenzen und in allen nur denkbaren Dialekten. Noch bevor sie diesen Satz zu Ende gelesen haben, sind durch den sie umgebenden Raum Millionen von Daten geflutet, ohne dass sie das gemerkt haben. Die Chips in ihrem Smartphone schon.
Hinzu kommt, dass durch die immer kleineren Strukturen nicht mehr nur Mikroprozessoren oder Sensoren auf einen Siliziumchip gebrannt werden können, sondern buchstäblich ganze Nano-Fabriken, auf deren Gelände, ähnlich wie in einer Raffinerie, alle möglichen Gerätschaften platziert und miteinander verbunden sind, inkl. Mechanik-, Pneumatik- oder Fluidik-Elemente.
Dadurch wird das energie- und zeitraubende rein- und rausschaufeln der Daten reduziert und man braucht weniger von den spezialisierten Sonder-Käfern. Das heißt, das Rechenzentrum plus Funk- und Fernsehstudio passen in ein Knopfloch oder in ein Retinaimplantat auf der Netzhaut, das mit der Videobrille kommuniziert und Blinden wieder die Sehfähigkeit gibt.
Und da es keine Rolle spielt, ob auf einen Chip viel oder wenig gebrannt wird, wenn die teure Entwicklungsarbeit mal geleistet wurde, kann man gleich die Pizza mit allem backen und später nur die Teile benutzen, die man im Moment braucht und die anderen Raffinerie-Bereiche einfach abschalten oder schlafen legen.
Also, ob man es nun Revolution nennt oder nicht, ist eine Geschmacksfrage, aber ein Hype-Heißluftballon ist IoT auf keinen Fall. Man muss weder ein IKT Experte sein, noch über seherische Fähigkeiten verfügen, um zu erkennen, dass sich die sogn. PC-Revolution dagegen im Verhältnis ausnimmt wie ein Gebirgsbach zu einem Tsunami. Und gibt es Risiken und Gefahren? Ja.
Das mag man begrüßen oder befürchten, es wird den Tsumani aber weder beeindrucken noch aufhalten. Was ihn aufhält oder zumindest verzögert, ist das babylonische Gewirr der Sprachen und Normen, in denen die Programmierung dieser Systeme und deren Kommunikation untereinander erfolgen muss. Das ist ein historisch gewachsenes, dorniges Gestrüpp, fast so schlimm wie in der menschlichen DNA- und Protein-Landschaft. Aber das ist eine andere Geschichte…
Ihr
Karl Schlagenhauf