Die größte digitale Marketingshow der Welt findet nicht in London, New York oder Cannes statt – sondern in Köln. Jeden September werden Köln und die dmexco zum Epizentrum des digitalen Marketings. Aus der ganzen Welt reisen Marketingverantwortliche und Werber an, um Strategien und Taktiken im Bereich des digitalen Marketings zu diskutieren. Die dmexco wurde von zwei Personen geschaffen: Frank Schneider und Christian Muche. Professor Jürgen Seitz (Hochschule der Medien) hat sich mit Christian Muche darüber unterhalten, warum er so erfolgreich ist und warum, um alles in der Welt, die dmexco in Köln angesiedelt ist.
CHRISTIAN, DU LEBST IN NEUSEELAND UND BETREIBST DIE GRÖSSTE MARKETINGSHOW DER WELT IN KÖLN IN DEUTSCHLAND. WIE IST DAS ZUSTANDE GEKOMMEN?
Muche: Um ehrlich zu sein, handelt es sich um ein Versehen. Nachdem ich für viele Jahre als Manager in Internet-Unternehmen unterwegs war, wollte ich meinen Lifestyle ändern und nach Neuseeland ziehen. Gemeinsam mit meinem Geschäftspartner Frank Schneider haben wir die dmexco als Projektidee wachsen lassen und dabei festgestellt, dass diese in kürzester Zeit enorm geboomt hat und wir entsprechend skalieren konnten. Die dmexco war und ist eine riesige Chance im internationalen Markt der Messen und Konferenzen.
WARUM KÖLN?
Muche: Die dmexco hat sich aus einem lokalen Marketingevent in Deutschland entwickelt und innerhalb von Deutschland ist Köln einer der besten Standorte für Konferenzen und Messen. Es ist sehr gut angebunden, die Kultur ist ausgesprochen offen und es existiert eine fantastische Infrastruktur. Deshalb haben wir uns für Köln entschieden. Wir sind überzeugt, dass Köln sehr gute Voraussetzungen für den Messebetrieb bietet: Die Einrichtungen sind für eine derart große Anzahl von Besuchern ausgelegt, man kann aus der ganzen Welt sehr einfach anreisen und Köln liegt schließlich im Zentrum Europas. Der Erfolg unserer Messe zeigt, dass es die richtige Entscheidung war.
WAS MACHT DIE DMEXCO SO BESONDERS, DASS LEUTE AUS DER GANZEN WELT ANREISEN? GIBT ES NICHT SCHON GENUG MARKETINGKONFERENZEN?
Muche: Es geht immer um Qualität. Die meisten Konferenzen fokussieren entweder auf Inhalte, Networking oder Partys. Wir bedienen alle drei Bereiche und sind für das Business unserer Aussteller von hoher Bedeutung. Wir haben ein spannendes Konferenzprogramm mit bekannten, internationalen Referenten, aber im Kern ist die dmexco eine Messe. Unsere Besucher kommen zur dmexco um Deals abzuschließen, das Leistungsspektrum ihre Marketinglösungen und Unternehmen zu präsentieren und in lockerer Atmosphäre bei einem Kaffee Geschäfte zu machen. Häufig werden Jahresvereinbarungen auf der dmexco getroffen. Wir sind dabei nicht nur eine „Lobby Con“, auf der man sich trifft, sondern eine richtige Messe mit beeindruckenden Ständen. Dies muss ich insbesondere internationalen Besuchern häufig erklären. Und natürlich gibt es noch jede Menge Partys in der Stadt. Die ganze Stadt hat sich in der Zeit auf die dmexco fokussiert. Diese Art der Messen hat in Deutschland übrigens eine lange Tradition.
WARUM SOLLTEN GRÜNDER UND UNTERNEHMER ZUR DMEXCO KOMMEN?
Muche: Gerade als Gründer gilt es, das eigene Geschäft zu skalieren, und digitales Marketing ist für die Skalierung von Geschäftsmodellen essenziell. Für Gründer aus dem Bereich Ad Tech steht es außer Frage, dass sie auf der dmexco sein müssen. Aber auch, wenn sich ein Geschäft im Bereich E-Commerce angesiedelt hat oder in einem anderen Bereich der Digiconomy, muss ein Unternehmer verstehen, welche Channels für seine aktuelle Unternehmenssituation geeignet sind. Was sind die besten Strategien und Taktiken? Und noch wichtiger, wer sind die richtigen Partner? Im Zeitalter des Content-Schocks ist es mittlerweile fast unmöglich, durch Internetrecherche zu verstehen, wer die richtigen Experten und Unternehmen sind. Die dmexco gibt einen besseren Einblick in die digitale Marketingindustrie und die handelnden Person in dieser Industrie. Die knappe Zeit eines Entrepreneurs wird hier gut genutzt.
AUF WELCHE THEMEN SOLLTEN MAN SICH IN KÖLN FOKUSSIEREN?
Muche: Die Industrie befindet sich gerade in einer Boom- Phase und deshalb geht es nicht nur um den Fokus, sondern auch um Geschwindigkeit und darum, den Überblick zu behalten. Unternehmer sollten sich darauf fokussieren, den digitalen Bereich vollständig zu überblicken und die daraus entstehenden Chancen mit all ihren Konsequenzen für das tägliche Leben von Konsumenten, zum Beispiel durch das Internet der Dinge, Data-driven Advertising oder personenbezogene Ansätze wie Content Marketing oder Engagement Marketing, zu nutzen. Mit unserem Motto „Bridging Worlds“ setzen wir uns für 2015 das Ziel, sowohl die analoge als auch die digitale Welten von jeder Region unseres Planeten zusammenzuführen.
CHRISTIAN, LASS UNS EIN BISSCHEN PERSÖNLICHER WERDEN. JEDES MAL, WENN WIR MIT DIR SPRECHEN WOLLEN, BIST DU AUF EINEM FLUGHAFEN, MEIST KURZ VOR DEM BOARDING ZU EINEM LANGSTRECKENFLUG. WIE BEKOMMST DU DAS HIN?
Muche: Ja, ich reise viel, denn die dmexco ist mittlerweile sehr international. Wir gehen davon aus, dass 50 Prozent unserer Besucher aus dem Ausland anreisen. Es ist daher eine Notwendigkeit, um die Welt zu fliegen und Unternehmer davon zu überzeugen, nach Köln zu kommen. Aber es ist fast noch wichtiger, ihnen zu zeigen, wie sie das Beste aus ihrem Besuch machen können. Meine Frau und meine Familie unterstützen mich dabei sehr. Nur deshalb ist es mir möglich, so viel zu reisen – und dann an meinen wenigen freien Tagen in Neuseeland neue Energie zu tanken.
ALS ERFAHRENER UNTERNEHMER: WAS EMPFIEHLST DU GRÜNDERN?
Muche: Keiner kennt die Industrie mehr als du. Sei aggressiv, aber auch demütig und ausdauernd. Es gibt nur wenige echte Overnight-Erfolge. Eine Idee hebt nicht einfach ab, es geht vielmehr um Exekution, darum, kontrolliert Risiken einzugehen und die notwendige Ausdauer zu haben, das Spiel zu gewinnen. Ich habe eine Menge Start-up-Unternehmen gesehen, die ein enormes Wachstum aufweisen konnten. Jedes einzelne Mal stand dahinter ein inspirierender Gründer, der die Dinge selbst voran gebracht hat. Ja, man soll die Dinge delegieren, aber die wichtigen Initiativen werden immer noch von CEOs vorangebracht, selbst in Unternehmen, die bereits über 100 Leute haben.
GIBT ES FÜR DICH EIN LEBEN NACH DER DMEXCO?
Muche: Aktuell kann ich mir das noch nicht vorstellen. Die dmexco ist mein Abenteuer. Es ist kein Lifestyle Business mehr, und ich glaube wir sind erst am Anfang einer fantastischen Industrie. Was heute bereits sicher ist: Ich werde niemals in den Ruhestand gehen. Ich werde nicht aufhören zu arbeiten. Ich werde nur die Art, wie ich arbeite, ändern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich später einmal mehr Zeit mit jungen Gründern verbringen, sie inspirieren, ihnen Rat geben und ihnen bei der Skalierung ihrer Geschäfte zur Seite stehen.
CHRISTIAN, VIELEN DANK FÜR DIESES INTERVIEW!
Das Interview führte Professor Jürgen Seitz für Internet Innovators.